Forum: Gesundheit - "Cholesterinsenkung mit Statinen. Wozu eigentlich?" vom 15.9.17
was aus dieser studie auch wieder mal überhaupt nicht hervorgeht ist, ...hat man gesunde mit hohem cholesterin untersucht, die noch keinen infarkt hatten, oder nahm man infarktpatienten?
das ist ein himmelweiter unterschied!
oder nahm man infarktpatienten UND gesunde mit hohem cholesterin?
mir werden z.b. als infarktpatient ganz andere ergebnisse genannt. studienergebnisse mit infarktlern, bei denen das ldl-cholesterin auf werte von 70 und darunter gedrückt wurde.
hatte jemand keinen infarkt, besteht nach studienlage keine notwendigkeit mit statinen einzugreifen. bei infarktpatienten sieht die studienlage schon ganz anders aus!
der unterschied wird hier genausowenig gemacht, wie in der kohlenhydrat-thematik.
1,8% die es mehr geschafft haben - zu welchen Kosten? Wenn gleich oder bessere Wirkungen mit einem Vit B-Komplex OHNE Nebenwirkungen erzielt werden, wenn durch weitere Maßnahmen (Ernährung, Bewegung, Seknung von Lipo A und Homocystein, bessere Durchblutung +niedriegerer Blutdruck) noch weniger Menschen sterben, dann sollte man das mal betrachten.
"Alledrings ist Dr. Strunz Mathematik durchaus fragwürdig. Es werden nämlich nicht 98,2% unnütz mit Statinen behandelt sondern "nur" 85,3% (= 100%-14,7%); die, die auch ohne Statine übeleben würden."
Ich finde die Mathematik ganz ok: Es haben nur 1,8% der Menschen von der Einnahme der Statine profitiert. Der Rest ist trotz der Statine verstorben oder hätte auch ohne überlebt.
LG Uli
"Interessant wäre dagegen mal ein Vergleich Statin-Gruppe zu Frohmedizin-Gruppe (ohne Statine"
Dieser Wunsch Thorstens würde mich auch interessieren! Selbiges dachte ich schon als ich das Buch des Docs las: "Fit mit mFett"
Darin berichtet er über die Lyon-Studie, nach der die Probanden, die sich mediterran ernährten, eine um über 70% geringere Wahrscheinlichkeit von Re-Infarkten hatten, als die !normal" ernährte Gruppe.
Genauer: Kandidaten, die einen Herzinfarkt durchgemacht haben, wurden in 2 Lager aufgeteilt. Jeder in den jeweiligen Lagern nahm weitethin seine Statine, alle hatten in etwa ähnlich Cholesterinwerte. Die eine Gruppe ernährte sich weiter wie gewohnt westlich, die andere gruppe wurde eine mediterrane Ernährung verordnet: Viel Omega 3/Fisch, Olivenöl, viel Gemüse. Obst und ein wenig Kohlenhydrate.
Es stellte sich heraus, das die leichten Komplikationen um 50 % niedrig ausfielen, die schweren Komplikationen, wie Infarkt, oder Schalganfall um über 70% weniger auftraten, als bei den Normalessern!
Mir drängte sich beim Lesen sofort die Frage auf, wie das Ergebnis lauten würde, hätte die mediterrane Gruppe auch noch auf die Statine verzichtet...
Selbiges meinte mein Kardiologe, als ich ihm von der Studie berichtete.
Würde so eine Studie mal gemacht werden, dann könnte man wirklich definitives über Statine sagen!
"Die Gesamtsterblichkeit - einer der primären Endpunkte - ist in der Statingruppe mit 12,9% signifikant geringer als unter Plazebo mit 14,7%"
Das sagt doch eigentlich alles aus.
Wird eine Gruppe Menschen miterhöhtem Cholesterinspiegel mit Statinen behandelt, steben 12,9% im Vergleichszeitraum; vergleichen mit 14,7% einer gleichartigen Kontrollgruppe, die keine Statine einnimmt.
Es Überleben also 1,8% (= 14,7%-12,9%) mehr Menschen. Die genaue Aufschlüsselung ist da erst mal sekundär.
Alledrings ist Dr. Strunz Mathematik durchaus fragwürdig. Es werden nämlich nicht 98,2% unnütz mit Statinen behandelt sondern "nur" 85,3% (= 100%-14,7%); die, die auch ohne Statine übeleben würden. Die 14,7% der ohne Statine versterbenden haben dagegen eine fast 13% Chance nicht zu sterben, wenn sie Statine nehmen.
Ist Prozentrechnung nicht toll? Man kann fast alles begründen, was man will .
Interessant wäre dagegen mal ein Vergleich Statin-Gruppe zu Frohmedizin-Gruppe (ohne Statine).
LG,
Thorsten
Die Vereinfachung komplizierter Dinge in allen Ehren, aber falsch interpretieren darf man deswegen auch nicht. Zu der dort erwähnten Studie schreibt etwa die Ärztezeitung:
Die Gesamtsterblichkeit - einer der primären Endpunkte - ist in der Statingruppe mit 12,9% signifikant geringer als unter Plazebo mit 14,7% (Number needed to treat [NNT] = 56). Dieser Unterschied kommt hauptsächlich durch den Einfluss auf koronare Todesfälle zustande (5,7% vs. 6,9%; NNT = 84). Nicht vaskuläre Todesursachen werden nicht beeinflusst (5,3% vs. 5,6%). Schwere vaskuläre Ereignisse (nicht tödliche und tödliche Herzinfarkte [8,7% vs. 11,8%; NNT = 33] und Schlaganfälle [4,3% vs. 5,7%; NNT = 72] sowie Revaskularisierungseingriffe [9,1% vs. 11,7%; NNT = 39]) werden jeweils einzeln und in der Gesamtheit (19,8% vs. 25,2%; NNT = 19) hoch signifikant gemindert. Hämorrhagische Schlaganfälle bleiben unbeeinflusst (jeweils 0,5%).
Der klinische Nutzen von Simvastatin deutet sich bereits im ersten Studienjahr an und wird ab dem zweiten Jahr signifikant. Schwere vaskuläre Ereignisse werden in allen durch Alter, Geschlecht, Ausgangscholesterinwerte, Ansprechen auf Simvastatin und Raucherstatus bestimmten Subgruppen konsistent und signifikant um etwa 25% gesenkt.
https://www.arznei-telegramm.de/html/2002_08/0208083_01.html
Herr Strunz schreibt dazu: "Würden Sie ein Auto kaufen, dessen Airbag nur in 1,7% wirkt und Ihr Leben rettet?"
Es hatten nur 14,7% überhaupt einen Unfal mit Totesfolgel. Und nur bei der Hälfte (6,9% waren koronare Todesfälle) dieser Unfälle war die Konstellation so gewesen, dass ein Airbag prinzipiell überhaupt einen Schutz bieten könnte. Die restliche Hälfte ist nicht im Strassenverkehr verstorben, da ist es egal ob Airbag oder nicht, einverstanden? Und von den Fällen im Straßenverkehr (analog zu Todesfällen durch koronare Krankheit) rettete der Airbag 18% (also jedem 5. oder 6. Opfer im Strassenverkehr) das Leben- Menschen, die ohne diesen Airbag sonst verstorben wären. Das sind mehr als zehmal so viele wie behauptet. Denn die ohne Unfall interessieren eh nicht.