Ananda heißt Glückseligkeit
Eigentlich hatte ich mich noch mit ihm persönlich in seinen Forschungsräumen in der Hebrew University in Jerusalem verabredet. Auf meine E-Mails mit meinen vielen Fragen antwortete er stets umgehend, und ich wollte ihn endlich persönlich kennenlernen: Professor Raphael Mechoulam, der Forscher, dem wir das gesamte Wissen über das Endocannabinoid-System, über die Heilwirkungen von Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) und so viel mehr zu verdanken haben. Professor Mechoulam war bei unserem letzten Kontakt bereits 91 Jahre alt und reiste immer noch unermüdlich um die Welt zu Kongressen. Die Corona-Pandemie machte dann leider meinem Plan, ihn in Israel zu besuchen, einen Strich durch die Rechnung. Im Frühjahr 2023 ist dieser immer freundliche und brillante Forscher verstorben.
Sein geistiges Erbe wird weiterleben.
Mechoulam war der Erste, der zu Beginn der 1960er Jahre CBD und etwas später auch THC isolierte und beschrieb. Beide sind Substanzen, die in der Hanfpflanze (Cannabis Sativa), neben Hunderten anderer Phytocannabinoiden, vorkommen.
Wie Sie vermutlich wissen, ist THC der psychoaktive, potenziell süchtig machende Wirkstoff in Cannabis. Es ist wirksam bei schweren chronischen Schmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Asthma und Glaukom.
Wir haben Professor Mechoulams Engagement auch die Verwendung von THC in der Schmerztherapie zu verdanken. Medizinischer Cannabis, einschließlich THC-haltiger Präparate, darf seit 2017 in Deutschland auf Rezept verschrieben werden. Die Verschreibung ist für Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen, wie fortgeschrittener Multiple Sklerose und schweren Neuropathien, vorgesehen, bei denen andere Therapieoptionen nicht ausreichend wirksam sind.
CBD ist, im Gegensatz dazu, die nicht süchtig machende Substanz.
Es wirkt entzündungshemmend, angstlösend, schlaffördernd, antischizophrenisch und antiepileptisch. Zudem kann es die psychoaktiven Effekte von THC abschwächen.
Mechoulam wollte ergründen, wie genau THC und CBD im menschlichen Organismus, speziell im zentralen Nervensystem, wirken.
Im Zuge dessen entdeckte er das Endocannabinoid-System. Es ist ein eigenständiges Kommunikationsnetzwerk im Gehirn und besteht u. a. aus verschiedenen Rezeptoren (z. B. CB1, CB2), an denen Substanzen, wie THC und CBD, andocken und ihre Wirkung entfalten können. Dieses System spielt eine entscheidende Rolle bei der
- Schmerzmodulation
- Emotionsregulation, vor allem bei der Reduktion von Angst und Panik
- Stressreaktion durch die Reduktion des Cortisolspiegels
- Immunfunktion
- Schlafregulation
Fest steht: Ein ausgeglichenes und funktionierendes Endocannabinoidsystem hat enorm positive Wirkungen auf unsere mentale und neurologische Gesundheit.
Muss ich denn kiffen oder CBD-Öl nehmen, um mein Endocannabinoidsystem im Gleichgewicht zu halten? Nein, das schafft ein gesundes Gehirn auch selbst. Er kann Glücksmoleküle, die an die CB1- und CB2-Rezeptoren andocken, selbst herstellen.
Zwischen der Entdeckung von CBD, THC und der Entdeckung unserer eigenen Glücksmolekülfabrik im Gehirn lagen allerdings dann noch drei Jahrzehnte intensiver Forschungsarbeit von Professour Mechoulam und seinem Team. Im Jahr 1992 gelang dann der Durchbruch mit der Entdeckung von Anandamid, unserem wichtigsten körpereigenen Endocannabinoid, unserem Glücksmolekül.
Den Namen leitete Professor Mechoulam vom Sanskrit-Wort „Ananda" für "Glückseligkeit" ab.
Quellen:
Maccarrone M, Bab I, Bíró T, Cabral GA, Dey SK, Di Marzo V, Konje JC, Kunos G, Mechoulam R, Pacher P, Sharkey KA, Zimmer A. Endocannabinoid signaling at the periphery: 50 years after THC. Trends Pharmacol Sci. 2015 May;36(5):277-96. doi: 10.1016/j.tips.2015.02.008. Epub 2015 Mar 18. PMID: 25796370; PMCID: PMC4420685.
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Cannabidiol-reduziert-wohl-die-Angst-von-Brustkrebspatientinnen
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.