Wie ich es Ihnen kürzlich in meinen News über das menschliche Bindegewebe versprochen hatte, möchte ich heute über ein sehr außergewöhnliches Säugetier schreiben, dessen Faszienmatrix nahezu identisch mit der des Menschen ist.

Es kann, obwohl nach ursprünglichem biomechanischem Verständnis unklar, 13 Meter weit springen, ohne, dass es überproportional ausgeprägte Muskulatur der unteren Extremitäten besitzt. Aufgrund dieser Tatsache wurde angenommen, dass das Känguru eine besondere Zusammensetzung von Muskelfasern besitzt, die solche explosiven Kontraktionen ermöglicht. (1) Diese Theorie konnte nicht bestätigt werden. Die Suche ging weiter. Wie kann das Beuteltier die Energie, die der Körper beim Beschleunigen Richtung Boden erfährt, beim Aufprall speichern und dann mit so erstaunlicher Effizienz wieder für den nächsten Sprung bereitstellen? Grund sind die sehr langen Sehnen der hinteren Gliedmaßen des Kängurus, die im Prozess der Energieübertragung wie ein Akku funktionieren und die kinetische Energie kurzfristig als potenzielle Energie speichern.

Jetzt ist klar, dass niemand von uns 13 Meter weit springen kann. Ich kenne allerdings kein Känguru, dass einen Speer über 90 Meter wirft. Wieder gehört der Mensch zu einer der wenigen Spezies, die im ganzen Körper über genau diese Fähigkeit der kinetischen Energiespeicherung im Bindegewebe verfügt. Nichts anderes passiert beim Gehen oder Laufen! Doch leider funktionieren derartig beeindruckende Mechanismen auch nur dann, wenn sie regelmäßig abgerufen werden. Ohne Bewegung wird der Mensch schnell ein, wie ich es gerne nenne, rostiger Dampfer. Der einst reibungslose Prozess wird in seinem Ablauf durch verklebte und falsch angeordnete Faszienbausteine behindert. Sie schweben nicht mehr durch den Tag, Sie schleppen sich. Es bleibt Ihnen in diesem Fall auch nichts anderes übrig. Grund ist die gestörte Wahrnehmung der Stellung des Körpers im Raum, die von sensorischen Nervenendigungen gesteuert wird, welche im Körper die höchste Dichte in unseren Faszien haben.

Diese feinen Rezeptoren der Tiefensensibilität gibt es außerdem in Muskeln, Haut und Gelenken. Sie übermitteln über das Rückenmark Informationen zu Haltung, Muskeltonus oder Spannungsverhältnissen an das Gehirn. (2) Wenn Sie also die meiste Zeit des Tages sitzend verbringen und diese Belastung nicht ausgleichen, wird sich ihre fasziale Matrix deregulieren. Die 2-dimensionale Struktur wird in ein multidirektionales System umgebaut, das verfilzt und damit seine ursprüngliche Funktion, die Elastizität, verliert. Die Informationsübermittlung ist gestört. Die Informationen aus der Körperperipherie kommen jetzt sozusagen als Lückentext im Gehirn an. Sie spüren das im Alltag durch unergründbare Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.

Nun gibt es scheinbar einige Parallelen zu dem Känguru. Hier vorgestellt habe ich Ihnen das ähnlich wirkende Bindegewebe. Doch es unterscheidet uns freilich auch genug. Genauso, wie ein Känguru keinen Speer werfen kann, setzt es sich auch nicht acht Stunden an den Schreibtisch. Denn das sieht die Evolution nicht vor! Davon sollten wir uns eine Scheibe abschneiden und dringend aufhören, uns gegen das Offensichtliche zu wehren:

Es ist das Besinnen auf die ursprünglichen Bewegungsformen unserer Spezies. Idealerweise bleiben so auch unsere Faszien – foreveryoung.


Quellen:
(1) Buch – Fascia In Sport and Movement, 2021, 2nd edition, Editors: Robert Schleip, Jan Wilke, Amanda Baker & Contributors: Chapter 8, Elastic storage capacity and recoil dynamics, Robert Schleip and Katja Bartsch, S. 97
(2) 04.10.2024 11:51 Uhr https://next.amboss.com/de/article/0K0eUS?q=propriozeption#Z48561796a49ea8750a10875a4c27cd05


Über den Autor:


“Justus Mörstedt widmete sich bis zu seinem 14. Lebensjahr in seiner Freizeit dem Triathlon, bevor er sich endgültig auf sein Lieblingselement, das Wasser, fokussierte und Finswimmer wurde. Seit 2019 ist er Sportsoldat und studiert und trainiert im Leistungszentrum Leipzig.

Doch lassen wir ihn selbst zu Wort kommen: „Hier lebe ich meinen Traum: Leistungssport und Medizinstudium. Mich fasziniert es, das neu Erlernte im Sportleralltag in die Praxis umzusetzen und somit den oft trockenen Inhalten ein wenig Leben einzuhauchen.“

Diese Kombination macht sich bezahlt: im Juli 2024 wurde er zweifach Weltmeister. Über 200m Streckentauchen hält er den Europarekord. Falls Sie neugierig geworden sind, was Finswimming ist, sehen Sie sich in den News um, oder werfen eine beliebige Suchmaschine an!

Forever young wurde ihm mit seinem Einstieg in den Profisport sozusagen „in die Wiege gelegt“. Sein Trainer sagte immer: „Wer hier mitmachen will, muss mindestens ein Strunz-Buch gelesen haben.“ Zu Wettkämpfen verteilte er den Sportlern immer Vitamineral 32. Mit den Jahren in Leipzig hat sich in seinem 23 Jahre jungem Kopf so einiges zusammengesammelt, was er gerne mit Sportlerkollegen unter anderem hier in den News teilt. Dabei unterstützen wir als forever young ihn als Sponsor."