Die Gefahr der Verführung
Ist die Überschrift über folgenden kitzligen Text. Ich darf zitieren:
„Ein Ziel möglichst schnell und mit geringem Aufwand zu erreichen ist ideal. Ich glaube, der Mensch sucht ständig nach diesem Idealzustand, auch wenn er sich dessen nicht immer bewusst ist.
Die Hoffnung auf eine Abkürzung war für mich verführerisch. Daher ignorierte ich die Tatsache, dass der Weg schon nach wenigen hundert Metern schlechter wurde. Stattdessen hielt ich an meiner Hoffnung fest. Im Endeffekt kostete mich die vermeintliche Abkürzung mehr Zeit und Energie als wenn ich bei den ersten Gegenanzeichen umgekehrt wäre.
Verführerische Abkürzungen gibt es viele: Doktortitel sind für den Karrieresprung käuflich zu erwerben, Doping steigert die Leistungsfähigkeit im Marathon und vieles mehr. Wenn man solche Abkürzungen wählt, ignoriert man Tatsachen. Langfristig zahlen sie sich oft nicht aus. Denn, um die Folgen der Abkürzung zu beheben, benötig man meist mehr Energie als der Weg ohne Abkürzung gekostet hätte.“
Die Wahrheit dieses Satzes hat Lance Armstrong bitterlich erlebt. Denn zunächst stimmt es ja: Doping hilft tatsächlich, ist oft ein wahres Wunder.
Im Berufsleben stehend den Doktortitel zu erwerben ist sehr, sehr mühsam. Also lässt man gerne „schleifen“, schreibt ein paar Seiten ab. Die Gefahr der Verführung. Die Wahrheit dieses Satzes hat schmerzlich erlebt ein Herr von Guttenberg, eine Frau Schavan, und jetzt soeben Ministerin Giffey.
Nichts Außergewöhnliches. Zu dieser Sorte Mensch gehöre ich auch. Erst kürzlich wieder am Gardasee. Der Waldweg wurde schlechter und schlechter, aber „da müssen wir durch“. Pustekuchen. Dann kam die Schlucht.
Wenn Abkürzungen nämlich der richtige Weg zum Erfolg wären, dann wäre die Abkürzung gangbar, gebahnt. War sie aber nicht.
Es gibt sehr wohl Menschen, klüger als wir. Irgendwann muss man sich das eingestehen.
Quelle: Thomas Schmidtkonz: „Waldpfade“. Neu erschienen.