Beim letzten Besuch im Supermarkt habe ich mich in die Abteilung für Fleischersatz verirrt. Plötzlich stand ich zwischen Sojawürsten, Tofu-Schnitzel, Pulled Pork aus Jackfrucht, Seitan-Döner und Foie Gras auf Sonnenblumenöl-Basis. Gemahle Insekten inklusive. Denn gemäß Durchführungsverordnung 2023/5 der EU-Kommission vom Januar 2023 dürfen Fleischersatzprodukte 5 Prozent pulverisierte Hausgrillen enthalten. Fleischersatz bedeutet nicht immer auch rein pflanzlich, wie mich mein Ausflug in den Supermarkt lehrte.

Auf Original-Fleisch verzichten möchten zwar viele, aber nicht auf den typischen Gaumenschmaus, den uns Fleisch beschert. Anders lässt sich die immense Auswahl an Ersatzprodukten nicht erklären. Die Nachfrage schafft das Angebot. In Deutschland stieg laut Statistischem Bundesamt der Absatz von Fleischersatzprodukten 2023 um 17 % im Vergleich zum Vorjahr. Zwischen 2019 und 2023 erhöhte sich die Produktion sogar um 114 %. Eine Studie prognostiziert, dass Fleischersatzprodukte bis 2040 einen Marktanteil von 60 % unter klassischen Fleischprodukten erreichen könnten.

Auch bei unserem Thailänder um die Ecke gibt es neuerdings nur noch Fleischersatz. „Es ist viel gesünder.“, so sagte mir Nathapong, der Inhaber, auf meine überraschte Nachfrage, warum die Speisekarte plötzlich umgestellt wurde.

Die Rohstoffe für Fleischersatz, wie Tofu, Tempeh, Seitan (reines Gluten) und Proteine aus Sonnenblumenkernen müssen geschmacklich schon intensiv gepimpt werden, um zumindest ein wenig an das Original zu erinnern. Dazu bedarf es in erster Linie Salz, Fette, Zucker und vor allem jeder Menge Zusatzstoffe. Diese „E-Stoffe“ sorgen als Geschmacks- und Aromastoffe, Geschmacksverstärker, Emulgatoren und Farbstoffe dafür, dass uns beim Verzehr von Seitan-Döner kein Verlangen nach dem Original aufkommt.

Große Mengen an Salz, Zucker und gehärtete Fette sind ungesund. Aber auch die vielen E-Stoffe sind nicht per se undenklich und einige sind sogar sehr umstritten. Zum Beispiel:


  • E142 (Grün S) steht im Verdacht, Alzheimer zu begünstigen und hat im Tierversuch zu Erbgutschäden geführt. Der Farbstoff ist in den USA, Kanada, Japan und Norwegen verboten. In der EU nicht.
  • E160b (Annatto, Orlean, Bixin) ist ein natürlicher Farbstoff, der Fleischersatzprodukten eine fleischähnliche Farbe verleiht. Annatto kann allergische Reaktionen hervorrufen.
  • E621 (Mononatriumglutamat, MSG) wird als Geschmacksverstärker eingesetzt, um Fleischersatzprodukten einen fleischähnlichen Geschmack zu verleihen. MSG steht im Verdacht, Kopfschmerzen und andere Symptome („Chinarestaurant-Syndrom“) auszulösen.

Es werden immer mehr Stimmen, die vor dem Verzehr von Fake-Fleisch ausdrücklich warnen. So auch Professor Stephan Martin, Diabetologe und Chefarzt in Düsseldorf. Denn aktuelle Studien zeigen, dass hochverarbeite Lebensmittel mit E-Stoffen mit einer Vielzahl an Erkrankungen wie chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Typ-2-Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert werden.

„Je mehr E460 und E466 konsumiert wurde, umso höher war die Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ähnliche Zusammenhänge wurden für E471 und E472 beobachtet. Bei der Typ-2-Diabetes-Studie ergaben sich noch deutlichere Zusammenhänge: Je höher der Konsum von E407, E340, E472e, E331, E412, E414 oder E415 lag, umso stärker war die Assoziation mit dem Typ-2-Diabetesrisiko.” So Professor Martin.

Grundsätzlich solle man bei Fleischersatzprodukten auf unverarbeitete Lebensmittel setzen und möglichst viel selbst kochen, um Zusatzstoffe zu vermeiden. “Wer also glaubt, mit veganen Fleischersatzprodukten seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, dem sei gesagt: Vegane Würstchen sind wahrscheinlich eher fraktionierter Suizid!”, so Professor Stephan Martin. Deutlich Worte, wie ich finde.


Quellen:

Fang Z, Rossato SL, Hang D, Khandpur N, Wang K, Lo CH, Willett WC, Giovannucci EL, Song M. Association of ultra-processed food consumption with all cause and cause specific mortality: population based cohort study. BMJ. 2024 May 8;385:e078476. doi: 10.1136/bmj-2023-078476. PMID: 38719536; PMCID: PMC11077436.

https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Mit-Fleischersatzprodukten-tut-man-seiner-Gesundheit-nichts-Gutes-450133.html?utm_term=&utm_source=-AEZ_NL_DIABETOLOGIE&utm_medium=email&tid=TIDP2979770XACBD96925A694054964F1E569A291E2CYI4&utm_campaign=AEZ_NL_DIABETOLOGIE&utm_content=Weniger%20Gewicht,%20geringeres%20Krebsrisiko:%20Auch%20GLP-1-Agonisten%20schaffen%20das!

https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/orientierung-beim-einkauf/fleischersatzprodukte


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.