Haben Sie BH4-Mangel?
In einem komplexen Stoffwechsel werden manchmal kleine, aber enorm wichtige Details übersehen. So ein Detail ist Tetrahydrobiopterin, besser bekannt als BH4. Dieses Molekül wird im Idealfall vom Körper selbst in ausreichender Menge gebildet. Es spielt bei vielen, Ihnen wohlbekannten, enzymatischen Stoffwechselvorgängen eine ganz entscheidende Rolle, vor allem bei
- Dem Umbau von Phenylalanin zu Tyrosin
- Der Umwandlung von Tyrosin zu L-DOPA
- Der Oxidation von Tryptophan zu 5-HTP
- Der Umwandlung von Arginin in Stickstoffmonoxid (NO-Gas) und Citrullin
Ein Mangel an BH4 kommt sehr häufig vor. Er hemmt alle oben aufgeführten Stoffwechselvorgänge. Infolgedessen leiden Menschen an einer Vielzahl „unerklärlicher“ Beschwerden, wie
- Schilddrüsenunterfunktion, denn ohne Tyrosin wird kein L-Thyroxin gebildet.
- Pigmentstörungen, denn auch der Hautfarbstoff Melanin benötigt Tyrosin.
- Müdigkeit und Erschöpfung aufgrund von Coenzym Q10-Mangel, denn ohne Tyrosin keine Synthese dieses wichtigen Mitochondrien-Boosters.
- Antriebslosigkeit, ADHS und Depressionen aufgrund von Dopamin- und Noradrenalinmangel
- Schlafstörungen, Depressionen und Heißhungerattacken, da 5-HTP nicht ausreichend zur Verfügung steht, um entsprechende Mengen an Serotonin aufzubauen.
- Bluthochdruck, Immunschwäche und vielen andere Zustände bedingt durch NO-Mangel
Kommt Ihnen dieser Symptomenkomplex bekannt vor? Dann sollten Sie einen BH4-Mangel ausschließen.
Leider lässt sich BH4 nicht ohne weiteres im Rahmen einer Blutuntersuchung messen. Aber man kann sich anderweitig diesem Molekül nähern. Hierzu bedarf es nur eines Aminogramms.
Da wir wissen, dass nur bei einem guten BH4-Status Phenylalanin reibungslos in Tyrosin umgewandelt wird, liegt es nahe im Rahmen eines Aminogramms sich das Verhältnis dieser beiden Aminosäuren zueinander anzusehen. Wenn beide im Blut gemessenen Aminosäuren in ausreichender Menge vorhanden sind, kann von einem guten BH4-Wert ausgegangen werden.
Häufig findet man jedoch einen normalen oder erhöhten Phenylalaninspiegel und gleichzeitig einen relativ niedrigen Tyrosinwert vor. Dies wäre ein deutlicher Hinweis auf einen BH4-Mangel. Dieser Cofaktor benötigt vor allem Folat (aktivierte Folsäure) und Vitamin C, um sich wieder zu erholen.
Konkret bedeutet dies für einen Erwachsenen mit BH4-Mangel:
- Vitamin C: 3 x 1 g pro Tag
- Folat: 800 mcg pro Tag
Beide Mikronährstoffe - konsequent verabreicht - wirken dann über BH4 auf so vielen Stoffwechselwegen.
Manchmal liegt es nur an einem winzigen Detail.
Quellen:
Fanet H, Capuron L, Castanon N, Calon F, Vancassel S. Tetrahydrobioterin (BH4) Pathway: From Metabolism to Neuropsychiatry. Curr Neuropharmacol. 2021;19(5):591-609. doi: 10.2174/1570159X18666200729103529. PMID: 32744952; PMCID: PMC8573752.
Werner ER, Blau N, Thöny B. Tetrahydrobiopterin: biochemistry and pathophysiology. Biochem J. 2011 Sep 15;438(3):397-414. doi: 10.1042/BJ20110293. PMID: 21867484.
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.