Hirndünger
Kennen Sie magic-mushrooms, also magische Pilze? Enthalten Psilocybin, ein sog. Psychedelikum. Rückt gerade in den Mittelpunkt psychiatrischer Forschung. Heißt übersetzt:
Der Einsatz von Halluzinogenen wie LSD, Ecstasy, Meskalin, oder Psilocybin werden derzeit weltweit in fast 1.500 klinischen Studien getestet.
Bei Depressionen. Bei psychischen Störungen. Bei traumatisierten Patienten.
Hintergrund ist eine erstaunliche Entdeckung. Erstaunlich wahrscheinlich auch für Sie: Diese Stoffe wirken als HIRNDÜNGER.
Was steckt dahinter? Lassen Sie mich zitieren: depressive Menschen reagieren anders auf die Umwelt, ihr Gehirn ist in einer Art Sparmodus. Was eigentlich für Notfälle vorgesehen ist, um Energie zu sparen, sorgt dafür, dass einfache Handlungen wie etwa aufzustehen, zu essen oder sich anzuziehen unendlich schwer fallen.
Ähnlich bei Ängsten oder Zwängen, auch da sei die Anpassungsfähigkeit eingeschränkt, festgefahrene Verhaltensmuster überhaupt zu erkennen. Heißt übersetzt:
DAS GEHIRN IST VERKÜMMERT.
Jetzt kommt´s: Die genannten Psychedelika lassen die Verzweigungen der Nervenzellen im Gehirn, die sog. Dendriten (Bäumchen) wachsen. Sprießen. Sich neu und reichlich zu vernetzen. Und wenn dann schnell neue Verbindungen geschaffen sind, dann denken Menschen wieder flink, sind einfallsreich, wendig. Das Ganze noch einmal sehr deutlich:
Zitat: Verkümmerte Dendriten (Bäumchen) sind bei Demenzpatienten zu finden. Und sie fallen in Laborversuchen auf, wenn Gehirnzellen von Stresshormonen (Dauerstress!) geflutet wurden, wie es auch nach dramatischen Erlebnissen, bei Depressionen oder Ängsten typisch ist.
Setzen Forschen diesen Zellkulturen aber Psychedelika zu, dann treiben die Nervenbäumchen wieder aus. LSD, Psilocybin und Meskalin zeigten im Labor bisher die größten Effekte.
Bemerkenswert der Unterschied zu herkömmlichen Psychopharmaka (die genügend von Ihnen ja schlucken): Herkömmliche Antidepressiva wirken über den Botenstoff Serotonin. Jedoch ist dieser wasserlöslich und kann die Zellmembranen nicht einfach durchdringen. Die Psychedelika hingegen sind fettlöslich. Die „flutschen einfach durch“ und geben in der Zelle ein „Dauersignal für neuronales Wachstum“.
Und genau darum geht´s. Tja. Nun. Kurz überlegt? 1.500 klinische Studien. Alle mit dem Ziel, das neuronale Netz zu vergrößern, zu verstärken, wieder „gesund“ werden zu lassen.
Kennen wir diesen Traum nicht schon längst?
Schon meine ersten Vorträge und Seminare 1990 hatten genau diesen entscheidenden Punkt als zentralen Gedanken, als Aufhänger:
LAUFEN SIE!
Laufen Sie und Ihr Gehirn wird wieder wach.
Begründung schon im ersten Vortrag: Tägliche Ausdauerbewegung lässt Ihr neuronales Netz wieder sprießen. Mein zentraler Gedanke – selbst erfahren – schon damals und heute. Wunderschön demonstrieren kann man an diesem zentralen Punkt den Unterschied zwischen Drohmedizin und Frohmedizin:
- Drohmedizin ist passiv. Sie müssen ´s nur schlucken, das magische Pilzchen.
- Frohmedizin ist aktiv. Sie dürfen selbst ein Bein vor das andere setzen. Was für eine Zumutung! … oh nein: WAS FÜR EINE FREUDE!
Quelle: WamS Nr. 16, 16.04.2023, S. 57