Hybride Energieversorgung?
In der Automobilbranche ist man inzwischen stolz auf den Ansatz der hybriden Energieversorgung. Solche Autos können ständig zwischen Elektro- und Verbrennungsantrieb wechseln. Wenn man einmal einen Hybriden gefahren ist, fragt man sich auch sofort: Wieso bitte erst jetzt? Das Prinzip ist naheliegend und spart in der Stadt prima Ressourcen ein.
Doch mindestens genauso spannend ist eine andere hybride Energieversorgung, nämlich die unseres Gehirnes und vielen weiteren Organen. Es ist allgemein bekannt, dass das Gehirn ca. 120 g Glukose am Tag benötigt. Dabei kann unser Gehirn auch prima mit Ketonkörpern arbeiten, einem zweiten Energieträger im Körper von Menschen und vielen Tieren. Und nicht nur das Gehirn, auch das Herz, die Nieren wie auch unsere Muskeln können im Prinzip alle hybrid fahren. Mehr noch, unsere Muskeln können auch direkt Fett verstoffwechseln.
In diesem Zusammenhang sei ein weiterer Vergleich zum Auto erlaubt: Ketonkörper verstoffwechseln wesentlich „sauberer“ in unseren Zellen. Es entstehen um Faktoren weniger Radikale. In der Studie von Mary Board wurde sogar ein Faktor 45 gegenüber Glukose ermittelt. Die in dieser Studie untersuchten Zellen hatten daher auch eine 35-fach höhere Affinität zu Ketonkörpern gegenüber Glukose. Denn wo weniger Radikale entstehen, müssen auch weniger entsorgt werden bzw. es reduziert sich die Gefahr der weiteren Oxidation von z.B. Fettsäuren. Das ist die große Gefahr von Radikalen: Sie beschädigen Fettsäuren und Eiweiße wie LDL, welches infolge zu oxLDL und somit gefährlich wird.
Wir brauchen sicherlich nicht in die biochemischen Details gehen, wie und warum unsere kleinen Kraftwerte in den Zellen, Mitochondrien genannt, verschiedene Substrate zu Energie umwandeln können. Was wir an dieser Stelle jedoch festhalten: Mit Ketonkörper wird der Stress, der im und am Mitochondrium entsteht, um Faktoren reduziert. Es entstehen deutlich weniger Radikale und somit weniger gefährliche Substanzen, wie beim Auto, wenn es auf Elektro wechselt.
Doch warum fährt die Mehrheit keinen Hybrid, obwohl die Mechanismen schon lange bekannt sind? Warum läuft der Stoffwechsel bei fast allen Menschen in den westlichen Staaten nicht auch „sauberer“? Wieso sind bei fast allen Menschen die Produktion wie auch die Verstoffwechselung von Ketonkörpern deaktiviert?
Weil „wir als Gesellschaft“ zu viele Kohlenhydrate und insbesondere viel zu viel Zucker zu uns nehmen. Dadurch wird die Bildung von Ketonkörpern unterdrückt. Ein Grund dafür ist die bevorzugte Verstoffwechselung von Kohlenhydraten, damit diese aus dem Blut kommen, wo sie viel Schaden anrichten. Der Schaden entsteht genau dann, wenn der Blutzuckerspiegel nicht im normalen Bereich liegt. Jeder Diabetiker kennt dieses Problem u. a. in Form von Nieren- oder Augenschäden. Nach vielen Jahren der genetisch falschen Ernährung mit zu vielen Kohlenhydraten baut der Körper die Enzyme zur Produktion wie auch zur Verstoffwechselung von Ketonkörpern komplett ab. Aber keine Angst, es gibt ein Zurück! Das kann man sich wieder erarbeiten.
Wenn Sie sich nun fragen, wie sie Ihren Körper wieder dazu bekommen, diese wertvollen Ketonkörper zu produzieren, damit auch bei Ihnen in den Kraftwerken weniger gefährliche Radikale entstehen, dann stellen Sie genau die richtige Frage. Es folgt auch sogleich die Antwort: Man isst eine Zeit lang sehr wenig Kohlenhydrate und vor allem keinen Zucker. Die in dieser Zeit verzehrten Kohlenhydrate sollten nur aus Gemüse bezogen werden. In Summe sollten Sie unter 100 g Kohlenhydrate am Tag aufnehmen und das eben so lange, bis Ihr Körper wieder Ketonkörper produziert und verstoffwechselt. Wie lange das dauert ist individuell verschieden, da es von Ihrem jetzigen Gesundheitsstatus abhängt.
Ich komme Ihnen aber auch ein Stück weit entgegen. Sie müssen das nicht bis ans Lebensende so konsequent durchhalten. Sobald Ihr Körper die bereits oben erwähnten Enzyme vor allem zum Verstoffwechseln wieder aufgebaut hat, können Sie ruhig ab und an eine größere Portion Kohlenhydrate essen. Mit meinen nun über 6 Jahren Erfahrung mit einer Low Carb-Ernährung kann ich Ihnen versichern: Wenn man mal ein oder zwei Stücken Kuchen isst, gehen die Ketonkörper im Blut zwar auf nahezu null runter, sind aber am nächsten Morgen bzw. nach einigen Stunden wieder vorhanden. Auch ein großer Auflauf mit Süßkartoffeln hat keinen andauernden Effekt. Aufgenommener Zucker verringert die Produktion von Ketonkörpern – nach meiner Erfahrung - wesentlich stärker als Glukose. Aber es ist bei weitem nicht so, wie gern behauptet wird, dass „ein Stück Kuchen“ Sie irgendwie aus der Ketose reißt und Sie wieder von vorn anfangen müssen. Dem ist nicht so! Und je länger Sie diesen hybriden Modus des Körpers wieder benutzen, desto robuster wird dieser. Essen Sie mal sehr viele Kohlenhydrate, verringert sich der Spiegel auf nahezu null. Fasten Sie z. B. untertags für 8 Stunden und üben dazu noch Sport aus, so messen Sie höhere Werte im Blut. Im Durchschnitt stabilisieren sich die Ketonwerte im Blut bei ca. 0,5 mmol/L, so wie sich der Blutzucker in der Regel gern bei 80-100 mg/dl stabilisiert. Das ist meine Erfahrung aus vielen hundert Messungen von Blutzucker und Ketonkörpern.
Als ich vor einigen Jahren diese Studien recherchiert und zusammengetragen habe, ging mir ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf: Ich möchte nie wieder im Leben auf diese Wundermoleküle verzichten, die mir meine Leber „frei Haus“ jeden Tag herstellt, denn sie werden weitere erstaunliche Wirkungen dieser Moleküle in meinen News noch vorgestellt bekommen. Wer das Thema „Wirkung der Ketonkörper im Menschen“ vertiefen oder wer eine Anleitung zum erfolgreichen Umstellen der Ernährung nachlesen möchte, dem sei mein Buch „Von Zucker, Blut und Brötchen“ empfohlen, welches auch hier im Shop erhältlich ist.
Quelle: Acetoacetate is a more efficient energy-yielding substrate for human mesenchymal stem cells than glucose and generates fewer reactive oxygen species, Mary Board et al., 2017, DOI: 10.1016/j.biocel.2017.05.007
Über den Autor:
“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:
"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe.
Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise."
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