Der Mikronährstoff Inositol hat in meiner Praxis einen festen Platz, wenn es um die Behandlung der PCOS geht. Das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine häufige hormonelle Störung, die schätzungsweise bis zu 15 % aller Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Leider ist die Dunkelziffer sehr hoch, da viele Frauen bei entsprechenden Beschwerden nicht ausreichend untersucht und behandelt werden.

Die häufigsten Symptome - neben manchmal auffälligen Ultraschallbefunden der Eierstöcke - sind:


  • unregelmäßige, lange oder ausbleibende Menstruationszyklen
  • übermäßiges Haarwachstum im Gesicht oder am Körper
  • Akne
  • Haarausfall

  • und

  • verminderte Fruchtbarkeit

Besonders der letzte Punkt verursacht bei den betroffenen Frauen oftmals einen großen Leidensdruck.

Die genauen Ursachen vom PCOS sind immer noch unbekannt. Allerdings haben Frauen mit einer familiären Vorbelastung und Insulinresistenz bzw. Typ-2-Diabetes ein höheres Risiko, ein PCOS zu entwickeln. Bei einer Vielzahl meiner Patientinnen finde ich allerdings keine familiäre Vorbelastung, Insulinresistenz oder einen Typ 2-Diabetes. Es ist also noch viel Forschungsarbeit notwendig. Bei Betroffenen sehe ich im Laborbefund jedoch regelmässig ein Ungleichgewicht der Geschlechtshormone, insbesondere erhöhte Androgenspiegel (männliche Hormone).

Vermutlich liegen dem PCOS verschiedene Signalstörungen zugrunde, die sowohl die Insulinwirkung als auch die Hormonregulation in den Eierstöcken betreffen.

Die klassische Gynäkologie behandelt das PCOS mit Medikamenten, die den Eisprung auslösen sollen, sowie mit der Gabe von Metformin zur Verbesserung der Insulinsensitivität und natürlich – bei unerfülltem Kinderwunsch - mit künstlicher Befruchtung. In seltenen Fällen wird auch an den Eierstöcken operiert. Diese Massnahmen sind für die betroffenen Frauen belastend und nicht frei von Nebenwirkungen.

Ich setze seit vielen Jahren mit Erfolg Inositol in der Kinderwunschbehandlung sowohl bei als auch ohne nachgewiesenem PCOS ein. Es ist mittlerweile eine feste Säule im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes. In der klassischen Gynäkologie ist Inositol hierzulande fast gänzlich unbekannt oder wird bestenfalls belächelt.

Seit letztem Jahr können alle Skeptiker nachlesen, dass Inositol tatsächlich nicht nur eine reine Placebowirkung besitzt, wie oftmals behauptet wurde. Denn in 2023 wurde eine Meta-Analyse mit Daten von fast 1700 Frauen veröffentlicht, die zeigen konnte, dass Inositol eine effektive und auch sichere Methode zur Behandlung des PCOS ist. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass insbesondere Myo-Inositol ähnlich wirksam sein kann wie das Medikament Metformin, jedoch mit keinen unangenehmen Nebenwirkungen.

Inositol leistet erstaunliches:


  • Es fördert die Bildung weiblicher Sexualhormone im Eierstock und kann das Östrogen erhöhen.
  • Es hilft, erhöhte Androgene zu senken.
  • Es verbessert die Reifung der Eizellen und fördert den Eisprung.
  • Myo-Inositol sensibilisiert die Zellen für Insulin und verbessert so die Insulinwirkung.
  • Es kann zu einer Normalisierung unregelmäßiger Zyklen beitragen.
  • Myo-Inositol kann Symptome wie Haarausfall und Akne verbessern, die durch erhöhte männliche Hormone verursacht werden.

Viele Studien zeigen eine Steigerung der Schwangerschaftsraten bei PCOS-Patientinnen. Und das völlig ohne Nebenwirkungen. Erst ab einer Einnahme von mehr als 12 g pro Tag berichten Patienten von Magen-Darm-Beschwerden.

Bei den meisten PCOS-Studien wurden 2-mal täglich 2 g Inositol (in der Regel als Myo-Inositol) eingesetzt. Es ist ein günstiger, wirksamer und sicherer Naturstoff, den jede Gynäkologin und jeder Gynäkologe kennen sollte.


Quellen:
Greff, Dorina; Juhász, Anna E.; Váncsa, Szilárd; Váradi, Alex; Sipos, Zoltán; Szinte, Julia; Park, Sunjune; Hegyi, Péter; Nyirády, Péter; Ács, Nándor; Várbíró, Szabolcs; Horváth, Eszter M. (2023). "Inositol is an effective and safe treatment in polycystic ovary syndrome: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials". Reproductive Biology and Endocrinology. 21 (1): 10. doi:10.1186/s12958-023-01055-z. PMC 9878965. PMID 36703143.

Sharon P M, P M, Manivannan A, Thangaraj P, B M L. The Effectiveness of Myo-Inositol in Women With Polycystic Ovary Syndrome: A Prospective Clinical Study. Cureus. 2024 Feb 10;16(2):e53951. doi: 10.7759/cureus.53951. PMID: 38469011; PMCID: PMC10926319.

Formuso C, Stracquadanio M, Ciotta L. Myo-inositol vs. D-chiro inositol in PCOS treatment. Minerva Ginecol. 2015 Aug;67(4):321-5. Epub 2015 Feb 11. PMID: 25670222.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.