“Die zunehmende Beliebtheit und Verfügbarkeit von pflanzlichen Alternativen zu wichtigen Jodquellen wie Milch, Molkereiprodukten und Fisch in der Europäischen Region der WHO trägt auf Dauer und in zunehmendem Maße zu einer unzureichenden Jodzufuhr bei, wie aus einem heute von WHO/Europa und dem Iodine Global Network (IGN) veröffentlichten Bericht hervorgeht.”…lässt die WHO in ihrer Pressemitteilung vom 28.6.24 verlautbaren.

Jodmangel ist und bleibt ein permanentes Problem in Europa (siehe auch meine News vom 1.10.23), der durch den Verzicht auf Milch, Fisch und Fleisch noch verschärft wird. Woher weiß die WHO um die Jodversorgung in Europa? Durch Laboruntersuchungen.

Außer für die regelmässigen Studien der WHO an einer bestimmten Kohorte wird der Jodspiegel jedoch nie gemessen. Weder auf den endokrinologischen Stationen der Krankenhäuser, die ich während meiner Ausbildung zur Ärztin in den letzten Jahren gesehen habe, noch in den Arztpraxen. Es verhält sich mit Jod genauso wie mit Vitamin D oder anderen Mikronährstoffen. Sie spielen im klassischen ärztlichen Alltag einfach keine Rolle.

Gesundheitsbewußte News-Leser und auch Patienten interessieren sich aber doch hin und wieder erfreulicherweise für ihren Jodspiegel und die verschiedenen Messverfahren. Das weiß ich aus Ihren freundlichen Zuschriften. Der tägliche Jodbedarf ist individuell sehr unterschiedlich. Wer viel Sport treibt, regelmäßig schwitzt (Sauna!), viele Kohlgemüsearten zu sich nimmt etc. hat einen höheren Jodbedarf. Daher gilt wie immer:


Testen ist besser als Raten!


Im Folgenden möchte ich die beiden gängigen Messverfahren kurz vorstellen:


  1. Der Standard WHO-Urintest (Jodurie)

    Die WHO setzt zur Überprüfung der Jodversorgung ganzer Bevölkerungsgruppen die Testung über den Spontanurin oder den zweiten Morgenurin ein. Die Aufgabe der WHO ist es sicherzustellen, dass eine Mindest(!)-Jodversorgung sichergestellt ist, so dass schwere Jodmangelerkrankungen, wie Kretinismus, nicht auftreten. Mit dieser Methode wird zudem beurteilt, ob zum Beispiel ein Land als Jodmangelland eingestuft werden sollte, wie Deutschland zuletzt.

    Beim WHO-Urintest gelten die folgenden Messbereiche:



    Übrigens: Der mediane Jodspiegel bei Erwachsenen betrug lediglich 69 μg/L bei Männern und 54 μg/L bei Frauen (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland, DEGS-Studie).
    Für die Zwecke der WHO, die im Rahmen großer Studien und Reihenuntersuchungen die Jodversorgung überwachen muss, ist dieser Test sinnvoll, denn er ist einfach in der Handhabung und benötigt keine invasiven Blutentnahmen (was schwierig und teuer wäre).
    Bei diesen Werten orientiert sich die WHO allerdings nur am durchschnittlichen Bedarf der Schilddrüse. Der Jodbedarf des restlichen Körpers, z. B. Eierstöcke, Brüste, Gehirn, Prostata, Immunsystem, bleibt hier aussen vor.
    Für die Abschätzung einer individuellen Jod-OPTIMAL-versorgung ist der Test nicht sinnvoll, da er nur die Ausscheidung an Jod misst. Diese korreliert ziemlich gut mit der Aufnahme von Jod über die Nahrung der letzten 24 Stunden.

  2. Jod im Blut

    Jodbestimmungen im Blutserum wurde ursprünglich eingesetzt, um Intoxikationen bzw. erhebliche Überdosierungen abzuklären. Dies kann z. B. wichtig sein, um Erkrankungen, wie eine Halogenakne oder eine lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung der Schilddrüse (thyreotoxische Krise) abzuklären.

    In der Regel wird der Normbereich für Jod im Blut mit 40-80 µg/L angegeben.

    Genauso wie die Untersuchung im Urin korreliert dieser Test mit der Aufnahme von Jod in der Nahrung bzw. Nahrungsergänzung der letzten 24 Stunden.

    Anhand dieser beider Tests lässt sich ablesen, wie viel Jod “im Umlauf” ist. Menschen, die wenig Jod zu sich nehmen, zeigen in beiden Tests erniedrigte Werte.

    Beide Verfahren sind allerdings nicht dazu geeignet festzustellen, ob auch die Körperzellen ausreichend mit Jod gesättigt sind. Denn Jod wirkt primär intrazellulär und wird – anders als andere Mikronährstoffe – ziemlich umständlich in die Zielzellen aufgenommen. Jod muss zunächst aufwändig über einen so genannten aktiven Transport (mit Verbrauch von ATP der Mitochondrien) über spezielle Transporter (Natrium-Iodid-Symporter) in die Zellen eingeschleust werden.

    Im Vergleich dazu geht Vitamin D3 z. B. als fettlösliches Vitamin einfach durch die Zellmembran hindurch und kann problemlos seinen Wirkungen am Zellkern entfalten.

    Daher kann ein einfacher Jodurin- oder Jodbluttest nicht nachweisen, ob Jod in den Zellen auch tatsächlich ankommt. Denn oftmals ist der Transport in die Zellen blockiert oder erschwert. Hierbei spielen Schwermetalle, Halogene (Fluorid!) und auch Autoantikörper eine Rolle. Oder es fehlt schlichtweg an mitochondrialer Energie (ATP), um Jod in die Zelle zu transporiteren. Aus diesem Grunde haben vor ca. 20 Jahren amerikanische Wissenschaftler einen erweiterten Jodtest entwickelt, den ich in der nächsten News vorstellen werde.

    Wenn Sie mehr zu Jod, der korrekten Diagnostik und zur Jodtherapie erfahren möchten:

https://www.strunz.com/kyra-kauffmann-jod.html


Quellen:
https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/degs-jod-studie.html

https://www.who.int/europe/de/news/item/28-06-2024-people-in-the-who-european-region-at-greater-risk-of-iodine-deficiency-due-to-changing-diets



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.