Lachen
Ist gesund. Zweifellos. Nur in diesem Sinne kann ich die folgende Studie zu Vitamin D verstehen. Die Verfasser möchten uns zum Lachen bringen. Lang, laut und glucksend. Bei mir jedenfalls haben sie es geschafft. Jetzt schon seit 2 Wochen beinahe täglich. Ich hab mir die kleine Arbeit am Schreibtisch extra rausgelegt und überfliege sie immer wieder.
Worum geht es?
Um Osteoporose. Welche aus jedem kleinen, alltäglichen Sturz eine Katastrophe werden lässt. Der Knochen bricht nämlich. So etwas kennen Kinder nicht. Die stürzen ständig. So etwas kennen junge Athleten nicht. Die stürzen häufig vom Fahrrad. Da bricht aber nix. Erst bei älteren Menschen mit Osteoporose… wird’s tatsächlich gefährlich.
Beispiel meine Oma: Schwere Osteoporose. Einmal gestürzt. Oberschenkelhalsbruch. Krankenhaus. Lungenentzündung. Tod. Normal.
Also gibt man vorsorglich Vitamin D. Reichlich. Gegen die Osteoporose. Soweit richtig. Das hat man in Zürich getan. Und veröffentlicht jetzt doch tatsächlich als Fazit:
- „Zu viel Vitamin D erhöht Sturzrisiko“
Was war das? Da hat man 200 Menschen im Alter von über 70 Jahren Vitamin D gegeben. Doch wohl gegen Osteoporose. Und hat die Sturzhäufigkeit gezählt. Alle diese Menschen waren vorher schon mehr als einmal im Jahr gestürzt. Normal. Und jetzt?
- Wenig Vitamin D im Blut: 0,84 Stürze pro Jahr.
- Viel Vitamin D im Blut: 1,59 Stürze pro Jahr
Vitamin D lässt also den Menschen hinfallen. Geht´s noch? Wackelt ihr Zwerchfell bereits? Das haben die ernsthaft wirklich veröffentlicht.
Natürlich wollten die eigentlich das Knochenbruch-Risiko messen und veröffentlichen. Aber das mit den Stürzen klingt so sehr viel schöner. Was ist da passiert?
Erklärung: Ganz langsam, auch für die Züricher Forscher. Zum Mitlesen. Passiert ist das Gleiche wie: „Viagra macht Herzinfarkt“. Können Sie sich erinnern? Dabei stellt Viagra doch ausdrücklich Blutgefäße weit, müsste also Herzinfarkt verhindern. Nein, nein: Die Daten waren eindeutig: Mehr Herzinfarkte mit Viagra. Was war hier passiert?
- Simpler gesunder Menschenverstand: Schwerkranke, schweratmende Männer nahmen Viagra und glaubten an ein Wunder: Es geht wieder. Halleluja. Und haben das ausgenutzt. Waren der Anstrengung aber einfach nicht gewachsen. Ein schöner Tod.
Und genauso können Sie natürlich Vitamin D und Sturzhäufigkeit zwanglos erklären:
- Lesen Sie nach bei Dr. von Helden. Vitamin D ist eins der stärksten Mittel gegen Müdigkeit, Antriebslosigkeit. Beseitigt Muskelschmerzen, oft Steifigkeit der Gelenke. Sprich: Mit Vitamin D wird man ein bisschen fideler. Traut sich wieder etwas zu. Längere Märsche, Treppensteigen statt Aufzug. Und dabei rutscht man – über 70 Jahre – dann eben auch mal aus.
Ein wunderschönes Beispiel für eine gedankliche Schrottstudie. Aber nur keine Sorge: Dass Vitamin D zu Stürzen führt, das werden wir die nächsten Jahrzehnte bei jeder passenden Gelegenheit immer wieder hören dürfen. Das hängt sich fest.
Quelle: JAMA Intern Med 2016, online 04.01. 2016