Mehr Antrieb mit Tyrosin?
Eine der spannendsten Auswirkungen unserer Gene findet sich in unseren charakterlichen Eigenschaften. Das ist eine Ebene, die ich vor meinem Wissen über Biochemie und Ernährung nicht für möglich gehalten hätte. Doch was genau meine ich damit?
Ich konnte es nie verstehen, warum ein Kommilitone und guter Freund von mir morgens einfach nicht aus dem Bett kam. Er war von den Noten ein Musterstudent, besser als ich, aber trotzdem fehlte ihm häufig der Antrieb. Für mich absolut nicht nachvollziehbar, bis ich vor einigen Jahren die Welt der Gene entdeckte und verstand.
Des Rätsels Lösung nennt sich COMT (Catechol-O-methyltransferase). Es ist ein Hauptenzym zum Abbau von Katecholen, also Neurotransmittern wie z. B. Adrenalin oder Dopamin. Und Dopamin ist in diesem Zusammenhang der Schlüssel zum Verständnis, denn Dopamin bedeutet: Antrieb im Leben. Lust auf Projekte! Dieses COMT-Enzym kann bei Ihnen nun ein Leben lang schnell oder langsam ablaufen. Durch die schnelle Genausprägung haben Sie tendenziell zu wenig Dopamin im Blut.
Denn arbeitet COMT schnell, so baut es Katechole und somit Dopamin schnell ab. Wenn Sie sich aufregen, sind Sie sehr schnell wieder klar und ruhig. Sie können gut einschlafen. Aber Sie haben eben auch ein Leben lang einen sehr niedrigen Dopaminspiegel ... und das kann so weit gehen, dass Sie – wie mein Kommilitone – morgens im Bett liegen und keinen Antrieb finden um aufzustehen. Das sind auch typischerweise die Menschen, die immer auf der Suche nach einem „Dopaminkick“ sind in Form von Extremsport, Bungee Jumping oder Wettspielen. Auch am Mobiltelefon wird diese biochemisch ausgelöste Spielsucht eiskalt ausgenutzt. Zudem neigen solche Personen zu Depressionen, gerade auch in Verbindung mit einem schnellen MAOA-Enzym.
Doch jetzt kommt die gute Nachricht, warum ich Ihnen das schreibe bzw. warum ich generell mein Buch über Gene und Epigenetik geschrieben habe: Man kann diese Ausprägung mittels gezielter Ernährung bzw. Nahrungsergänzung ausgleichen und somit verbessern. Denn was Sie mit der schnellen Ausprägung von COMT ausprobieren können, ist die tägliche Supplementation von L-Tyrosin. L-Tyrosin ist eine Aminosäure und stellt den Ausgangsbaustein dar, aus dem der Körper Dopamin baut. Wenn Sie L-Tyrosin zusätzlich zum Essen einnehmen, angefangen mit einer Kapsel von 500 mg, erhöhen Sie Ihren Dopaminspiegel. Das Ergebnis können ein wesentlich ausgeglichenerer Gemütszustand sein und vor allem mehr Antrieb, die Aufgaben des Tages anzugehen oder einfach konzentrierter den Tag wahrzunehmen.
Der zweite Ratschlag ist: Bei jedem Essen auf eine gute Versorgung mit Eiweiß zu achten. Das gilt zwar generell als Ernährungsempfehlung, aber für Menschen mit schnellem COMT (oder schnellem MAOA, darauf gehen wir in einer gesonderten News ein) sei das nochmal unterstrichen. Die Botenstoffe müssen aus „irgendwas“ hergestellt werden und das sind nun einmal nicht Zucker, Wasser oder Kohlenhydrate, sondern Eiweiß, konkret die Aminosäuren nach dem Zerlegen der verzehrten Eiweiße im Dünndarm.
Wenn Sie jedoch, wie ich, die langsame Ausprägung von COMT haben, dann bewirkt L-Tyrosin bei Ihnen sehr wahrscheinlich gar nichts und Sie können wahrscheinlich auch nicht nachvollziehen, warum ein Mensch sich so verhält wie oben beschrieben. Man lebt das genaue Gegenteil, nämlich immer mit genug Dopamin im Blut. Wir sind daher auch immer gut motiviert, Projekte anzufangen und auch abzuschließen. Mit langsamem COMT sollte man eher darauf achten, nicht zu spät am Tag größere Mengen Eiweiß zu sich zu nehmen, da das langsame COMT auch Adrenalin langsam abbaut, welches in kleinen Mengen vom Körper gebildet wird, wenn man z. B. ein Steak isst. Daher achte ich darauf, ein Steak vor 16:00 Uhr zu essen, damit die so gebildeten Botenstoffe auch abgebaut sind, bevor man zu Bett geht.
Zusammengefasst bedeutet das:
Sie können sehr viele Ausprägungen Ihrer Gene mittels einer gezielten Ernährung insofern verbessern, als das negative Auswirkungen abgemildert werden. Bei einem schnellen COMT ist das mittels L-Tyrosin möglich. Ich finde diese Zusammenhänge total spannend und daher finde ich die Analyse der eigenen Gene auch so spannend. In meinem Buch „Hör auf Deine Gene“, welches in der überarbeiteten zweiten Auflage gerade neu erschienen und welches hier im Shop erhältlich ist, stelle ich alle Hauptenzyme dar und gebe bei vielen Ausprägungen Tipps, wie man die negativen Eigenschaften abmildern kann.
Über den Autor:
“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:
"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe.
Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise."
”