Klingt gefährlich. Denn wir wissen: Sauerstoffmangel im Gehirn führt zu Schlaganfall mit Lähmungen. Sauerstoffmangel im Herz heißt Herzinfarkt und möglicher Tod. Also wünschen wir uns so viel wie möglich Sauerstoff im Körper. Einverstanden.

Wenn da nicht das Höhen-Training wäre. Wenn man nicht wüsste, dass man durch Training in der Höhe, bei weniger Sauerstoff in der Luft es zwar anfangs schwer hat, dann aber sich adaptiert, daran gewöhnt. Und, zurückgekehrt auf Normalhöhe, deutlich bessere sportliche Leistungen bringen kann.

Also, was jetzt?

Tatsächlich ist zu viel Sauerstoff auch schädlich. 2017 wurde im LANCET gezeigt, dass Patienten auf der Intensivstation, großzügig mit Sauerstoff beatmet, ein 21% höheres Sterberisiko hatten im Vergleich zu Patienten, bei welchen an Sauerstoff eher gespart war. Man vermutet, dass der Schaden durch zu viel oxidativen Stress (freie Radikale) verursacht wird.


An der Uni of Texas hat man bei Mäusen einen künstlichen Herzinfarkt verursacht. Hat sie dann zwei Wochen lang Luft mit nur 7% Sauerstoff atmen lassen. Entspricht etwa dem Gipfel des Mount Everest. Was passiert?


  • Die Herzmuskelzellen fingen an sich zu teilen, wurden mehr.
  • Die Pumpkraft des Herzens nahm deutlich zu.

Veröffentlicht 2017 NATURE. Die Forscher konnten zeigen, dass der positive Effekt von Sauerstoffmangel durch weniger oxidativen Stress erklärt wurde.


Also ein stärkeres Herz, wenn man zwei Wochen oben auf dem Mount Everest steht? Schwerst atmet? Nun ja, an Mäusen bewiesen. Hintergrund: weniger oxidativer Stress durch weniger Sauerstoff.

Erinnert mich an Professor Ristow, vormals Jena, jetzt Zürich. Der einmal hochwissenschaftlich durch Muskelbiopsien (man höre und staune) bewiesen hat, dass Vitamin C und Vitamin E die Hälfte aller freien Radikale wegfängt, die durch den Sport erzeugt werden. Heißt übersetzt ja: Sport schadet. Kurzfristig.


Bekannt. Nützt aber langfristig. Der Körper adaptiert sich an diese vermehrte Zahl freie Radikale, schafft sich ein noch besseres Abwehrsystem.


Professor Ristow damals bis heute warnt vor Vitamin C, Vitamin E beim Sportler. Man würde dadurch sportliche Leistungsverbesserung verhindern. Verhindern! Deswegen betont er ja auch – peinlich – dass Obst, welches ja die gleichen Vitamine enthält, zwar nützlich sei, aber


trotz der Vitamine.


Des Rätsels Lösung: Er spricht von kurzfristen Effekten. Wir leben aber doch wohl langfristig. Wir treiben Sport langfristig. Und da lerne ich aus den obigen Arbeiten


Oxidativer Stress, freie Radikale schaden. Auf Dauer. Weniger oxidativer Stress, weniger freie Radikale nützen meinem Herzen.


Also nehme ich – Professor Ristow möge weghören – täglich Vitamin C, täglich Vitamin E. Freilich noch mehr.

Quelle: DER SPIEGEL Nr. 4/19.01.2019 Seite 93