Gast News Nr. 136 von Ulrich Strunz jun.

Meine Freunde werden erwachsen, kinderreich und kommen in Führungspositionen. Das Angenehme an solchen Menschen: man erhält von diesen Freunden Informationen, ohne das Internet zu benutzen.


Erinnern Sie sich? Informationen ohne Internet? Das gab‘s ja wirklich mal…


Interessant sind davon natürlich die Informationen, die nicht im Internet stehen.

Da wird man stutzig. Was sollte denn im Netz nicht zur Verfügung stehen? Verschwörungstheorien?


Davon gibt es im Netz genug.


Man hat mir also mitgeteilt, dass vegane und vegetarische Lebensmittel in Deutschland auf Platz 1 rangieren. In der Rangliste von: abgelaufene Lebensmittel, die weggeschmissen werden, weil nicht gekauft („Lebensmittel-Abschreibungsposten“. Ich dachte bisher, man schreibt nur Maschinen ab?).

Jetzt juckt es mich natürlich in den Fingern. Wo finde ich dazu mehr? Sind das absolute oder relative Angaben? In welcher Kategorie?

Ich finde dazu auf die Schnelle nichts. Also online: nichts.

Dann noch mehr Informationen ohne Internet: jetzt habe ich also so ca. 20 Veganer persönlich, von Angesicht zu Angesicht gefragt, wie sie sich ernähren. Da kam als Antwort, im Gegensatz zur online-Welt, immer so etwas wie:


Naja, an sich schon vegan. Manchmal, selten Käse, noch seltener ein Häppchen Fisch. Vielleicht alle drei Jahre, wenn Schweine fliegen, ein Stück Gans zu Weihnachten.


Man darf sich, offline, also Veganer nennen, wenn man alle Jubeljahre ein bisschen Käse isst?

Fantastisch. Dann war ich von 2016 bis Ende 2017 ein Vollblutveganer (nebenberuflich Terrorist! siehe News 02.03.2014). Ohne es zu wissen. Hatte in dieser Zeit meine besten Laufergebnisse, irre schnelle Hirnleistung weil zwischendrin auch die Ketose aktiv war. Ich erinnere mich:


Massig Mandelmus aus dem Glas pur gelöffelt, Avocado, Mandeln, selten(!) hochwertigen Thunfisch, 8g Omega-3 täglich, ein wenig Eiweißpulver, MCT Butter, ein bisschen Tofu, selten(!) Ziegenjogurt.


Das Gute war, ich aß nur das, was ich brauchte. Erinnern Sie sich an die somatische Intelligenz?

Da braucht man nicht nachdenken, was man isst. Das war übrigens auch mein Problem: als ich bemerkte, dass ich auf dem Laufband die 10km unter 39 Minuten zum ersten Mal in meinem Leben lief, und ich das Gefühl hatte, ich könnte das auch locker 20km durchhalten, da fing ich an nachzudenken:


Naive Strunz Sohn Gedanken: WOW! Das will ich jetzt immer. Mehr Eiweißpulver!


Und schon machte ich mir meine Ketose kaputt. Diese ist sehr empfindlich, was das Mischverhältnis von Fett und Protein angeht. Habe ich danach erst verstanden. Tja, Pech gehabt!

Probieren Sie’s doch auch mal, das mit der Somatischen Intelligenz. Wenn jeder nur das isst, was er wirklich braucht,…

…und sich nicht nach strengen Glaubenssätzen (Ernährungskategorien) richtet, die man „offline“ eh nicht streng einhält, „online“ aber als wahr anpreist…

…schmeißen wir dann noch Tonnen Lebensmittel weg?

Kategorien sind eine effiziente Kommunikationsform. Danach richtet sich die Industrie.

Analogien sind flüssige, grenzenlose Information. Danach richtet sich unser Gehirn (Hutchinson & Barrett, 2019).

Somatische Intelligenz ist, wenn Sie ihr Gehirn einfach machen lassen. Und nicht in einen Schuhkarton packen.

P.S. Somatische Intelligenz fällt nicht vom Himmel. Persönlich erreiche ich sie nur, wenn ich mein „state-of-mind“ ändere. Am besten als Gefühl beschrieben (nicht wörtlich nehmen, bitte reinfühlen):


wenn die 16km Trainingsdistanz am Ammersee in der Sommerhitze normal sind, 10km beschämend wenig, das tägliche Laufen Zähneputzen ist, einmal um den Tegernsee (~20km) ein freudiger Spaziergang.

Dann, irgendwie, wenn das so ist fängt man an, über Essen nicht mehr nachzudenken.


Quelle:

Hutchinson, J. B., & Barrett, L. F. (2019). The Power of Predictions: An Emerging Paradigm for Psychological Research. Current Directions in Psychological Science, 28(3), 280–291. https://doi.org/10.1177/0963721419831992