Tod und Leben
Mein Beruf ist das Leben. Es gibt sie aber auch, die Profis, deren Denken und Wirken dem Tode gewidmet ist. Beispiel gefällig?
„Mitten wir im Leben sind,
von dem Tod umfangen …“
hab ich als Ministrant jahrelang – ohne darüber nachzudenken – mitgesungen. Kam mir immer abseitig, weltfremd, ja, grauslig vor. Weshalb eigentlich grauslig?
Weil Tod umklammert wird von dem Begriff Angst.
Die Angst vor dem Tode. Darauf bauen ja unzählige Filme, Geschichten, Romane auf aus gutem Grund. Denn die Angst vor dem Tode beherrscht fast jeden von uns.
Deshalb verdrängen wir ihn, verdrängen wir das Thema, spielen wir lieber mit unseren Enkelkindern.
Darf ich Ihnen heute einmal einen für viele neue Gedanken vermitteln? Über den Tod? Über die schlichte Dummheit, Angst vor dem Tod zu haben? Dahinter steckt wieder das goldene Gesetz:
„Nicht die Tatsachen entscheiden, sondern deine Gedanken über die Tatsachen“. Wollen wir das einmal gemeinsam auf den Tod anwenden?
Sie denken sich den Tod als Mauer. Als hohe undurchdringliche schwarze Mauer. Der Sie sich – hoffentlich langsam – oft jedoch im Sauseschritt nähern und fürchterlich Angst haben, dagegenzuprallen. Gegen die Mauer. Gegen das Nichts. Gegen das Aus. Gegen das Ende. Schrecklich.
- Mal nachgedacht, wie es Karate-Künstlern gelingt, ein Holzbrett zu durchschlagen? Na, denken Sie erst mal an sich selbst. Da liegt das Brett. Hier ist Ihre arme, weiche Hand. Sie schlagen darauf… voll Angst vor dem Schmerz. Deswegen verkrampfen sich Ihre Muskeln im Moment des Aufpralls, Sie zucken innerlich zurück. Verstanden?
Ganz anders der Karate-Künstler: Der schlägt nicht aufs Brett. Der ist viel klüger. Der schlägt auf einen Punkt 10 cm hinter dem Brett. Das Brett kommt in seinen Gedanken überhaupt nicht vor. Der will „das Dahinter“ erreichen. Mit aller Kraft.
- Wie schlägt ein Tennisprofi auf den Ball? Na, wie Sie das schaffen weiß ich genau: Sie bemühen sich, Sie zielen, Sie schlagen mit aller Kraft bis Sie den Ball getroffen haben. Das war´s dann auch. Ihr Muskel macht zu, Sie knicken mit dem Schläger ab.
Ganz anders der Profi: Der schlägt nicht auf den Ball. Der Ball ist nur zufällig auf der Mitte des Gesamtschwunges an der – natürlich – richtigen Stelle. Der schlägt den Schläger, bis er von hinten sein Schulterblatt erreicht. Der Ball ist für den Schwung gar nicht da.
- Und der Golfspieler? Jetzt können Sie sich dessen Technik kurz vor das innere Auge führen. Der schlägt nicht auf den Golfball, so wie Sie das täten. Um dann mit verkrampften Muskeln jäh zu erstarren. Der Ball ist nur zufällig in der Mitte des Schwungs. In der Mitte! Der schlägt, bis er den Schläger an seinen eigenen Rückenmuskeln spürt.
Wollen wir? Wollen wir diese geniale Idee der Profis auch einmal auf unsere Angst vor dem Tod anwenden? Das ganze Geheimnis, von mir persönlich in meiner Zeit des Komas (nach Unfall) gespürt und wohl auch verstanden, ist es
- sich den Tod nicht als undurchdringliche, schwarze, „das war´s“ Mauer vorzustellen,
- sondern das Dahinter, das „Hinter der Mauer“, ins Auge zufassen. Die Seele mit einem wunderschönen Bild des Dahinter zu füllen.
Und sich darauf zu freuen.
Freuen Sie sich, wieder heimzukehren. Ihre Heimat, von der Sie vor einigen Jahrzehnten aufgebrochen waren, wieder begrüßen zu dürfen. Sie kennen sich hier aus: Hier waren Sie vor Ihrer Geburt. Wo denn sonst? Oder haben Sie irgendeine bessere, eine andere Erklärung?
Zu sterben heißt heimzukehren in das Allumfassende, aus dem Sie Ihren Ursprung hatten vor der Geburt.
Sehen Sie … und jetzt verschwindet die Mauer. So wie der Karate-Kämpfer das Brett nicht sieht, der Tennisspieler, der Golfspieler hinter den Ball denkt, könnten Sie von Stund´ an
SICH EINFACH NUR FREUEN.
Auf das wohlige Gefühl, wieder daheim zu sein. Gab´s da nicht einmal das trotzige
„Tod, wo ist dein Stachel?“ (1. Kor. 15, 55)
Könnte von Martin Luther sein. Auch ein Skorpion.