Trockene Haut
Eine herzerfrischende Hautärztin! Dass ich so etwas noch einmal lesen darf, auf meine alten Tage. Sie wissen: Neben den Psychiatern hab ich´s auch mit den Hautärzten. Weshalb? Weil ich einmal sechs Monate in der dermatologischen Universitätsklinik Erlangen mitarbeiten durfte. Und gelernt habe: Tausende von wundervollen, wohlklingenden, phantasievollen Bezeichnungen für tausende von Hauterkrankungen, und eine Abhilfe: Die Salbe. Hat mich als jungen Arzt schon damals sehr, sehr staunen lassen.
Umso mehr erfreut mich, in der FAS (28.08.2016, Seite 17) von einer Hautärztin aus Berlin zu lesen, die so ganz, ganz anders denkt.
Möglicherweise tun dies viele Kollegen. Ich weiß das nicht und tue vielen Unrecht. Falls ja, bitte ich höflichst um Entschuldigung.
Von der jungen Frau Dr. Yael Adler liest man so Sätze wie:
„Auch eine Schilddrüsenerkrankung oder Mangel an Mikronährstoffen wie Eisen, Vitamin D oder Omega-3-Fettsäuren wirkt sich an der Haut aus. Viele Leute denken, sie hätten Neurodermitis und schmieren immer Cortison drauf. Dabei fehlt ihnen nur Zink, und wenn sie das einnehmen (!!!) ist die Haut nach spätestens drei Wochen wieder fit“.
Oh! Nix draufschmieren, sondern einnehmen. Blut in Ordnung bringen. Gesundes Blut bringt die richtigen Nährstoffe an die Innenseite der Haut, die Haut wächst von innen nach außen und wird gesund. Das Bild habe ich verstanden. Oder weiter:
„Aber die meisten trockenen Häute, die ich sehe, sind selbst gemacht. Uns wird suggeriert, wir bräuchten eine Augencreme, eine Tagescreme und eine Nachtcreme und ein Peeling und ein Tonikum.
Eigentlich brauchen wir nichts davon. Wer alle zwei Tage in einen klaren See springt und sich den groben Schmutz runterspült, wird zeitlebens hautgesünder sein – im Vergleich zu denen, die sich täglich zwei Mal abseifen“.
Ich kann mich nur tief verneigen. So viel gesunder Menschenverstand, so erfrischend formuliert. Übrigens: Dass das stimmt, weiß ich von meiner Trainerin. Von Holle. Die hat etwa so gelebt. Noch ein bisschen unangenehme Wahrheit gefällig?
„Ein Duschgel, das schäumt, duftet und bunt ist, zerstört alle unserer drei Hautschutzmechanismen:
Der Säureschutzmantel zum Beispiel hat einen sauren pH-Wert, alle normalen Seifen aber sind alkalisch und erhöhen den pH-Wert der geseiften Haut stark. Die Haut braucht dann ein paar Stunden, um sich nach dem Duschen wieder auf einen normalen Zustand herunterzusäuern.
In dieser Zeit können sich unerwünschte Bakterien vermehren. Sogar welche, die einen eher stinken lassen.
Zweitens laugen wir jedes Mal unsere natürliche Fettbarriereschicht aus, sie wird ganz löchrig. Dabei dauert der Aufbau dieser wichtigen Schicht 4 Wochen. Die Haut wird also trocken und kann Ekzeme und Allergien entwickeln.
Und drittens wird das Mikrobiom der Haut angegriffen. Darin leben aber gute und wichtige Bakterienfamilien, unsere Türsteher gegen Krankheitserreger.“
Goldene Worte. Auch hochinteressantes über Pickel und sogar über Botox. Bemerkenswert auch die letzte Einsicht:
„An die Wurzel zu gehen und ganzheitlich zu arbeiten, das klappt in einer Kassenpraxis
zumindest für mich nicht.“
Kann ich nur bestätigen. Die Kollegin hat übrigens soeben ein Buch veröffentlicht: „Haut nah“.
Verlag Droemer Knaur