Die zu seiner Zeit geniale Entdeckung von Otto Warburg, dass eine Krebszelle einen gestörten Stoffwechsel besitzt und sehr viel Blutzucker per Glykolyse verbraucht (man spricht auch von Fermentation) und infolge sehr viel Laktat entsteht, wurde vom Team um Dr. Thomas Seyfried erweitert. Es ist sozusagen Warburg 2.0. Denn das Team um Thomas Seyfried hat herausgefunden, dass die Krebszellen neben Glukose auf eine ähnliche Weise Glutamin verstoffwechseln.



Ich gebe zu, diese Abbildung aus der Veröffentlichung von Seyfried ist nicht trivial. Was man hier erkennen kann: Die Krebszelle verstoffwechselt Glukose und L-Glutamin und produziert dabei hohe Mengen an Laktat und Glutamate. Das ist zunächst einmal eine sehr wichtige Information. L-Glutamine ist eine sehr wichtige Aminosäure in uns Menschen, die u. a. von unserem Immunsystem und den Darmzellen benutzt wird, um Energie zu erzeugen. Sie ist auch die am häufigsten vorkommende Aminosäure im Blut.

Daher hat das Team um Seyfried einen alten Wirkstoff wiederentdeckt mit dem Namen DON (in der Abbildung unten in der Mitte zu erkennen). Dieser Wirkstoff hemmt die Fermentation der Aminosäure L-Glutamin durch die Hemmung des Glutaminase-Enzyms. Leider kann man dieses Medikament nicht dauerhaft einsetzen, da eben auch das Immunsystem diesen Mechanismus benutzt. Das Team um Seyfried wendet DON in kurzen Intervallen an und erzielt damit gute Resultate. Zumal die Hemmung dieses Ablaufs auch dazu führt, dass die Krebszelle weniger Glutathion herstellen kann, um oxidativen Stress zu bekämpfen.

Natürlich arbeitet Seyfried in dieser Studie mit einer ketogenen Diät. Einfacher ausgedrückt versucht Seyfried der Krebszelle die primären Energiewege zu blockieren bzw. zu reduzieren, so gut es geht. Und in diesem Zusammenhang gilt es, so wenig Blutzucker - alias Glukose - wie möglich zu essen, damit der Blutzucker so niedrig wie möglich bleibt. Durch die ketogene Ernährung produziert der Körper auch höhere Mengen von Ketonkörpern. Über dieses „Wundermolekül“ haben wir schon häufig geschrieben. Und auch hier in diesem kritischen Zustand wirken die Ketonkörper innerhalb der Krebszelle, in diesem Fall erwünscht toxisch, da die Krebszelle Ketonkörper häufig nicht mehr verstoffwechseln kann. Im Gegensatz zu den gesunden Zellen, die häufig sogar Ketonkörper der normalen Glukose vorziehen.

Mit dieser Kombination aus ketogener Ernährung und dem Medikament DON erzielt Seyfried sehr vielversprechende Erfolge und mir war es ein Anliegen, Ihnen diese neue Erkenntnis einmal vorzustellen. Das ist ein alternativer Ansatz zur Behandlung von Krebs, der nach den Worten von Seyfried bis dato ignoriert wird, da er mit seiner Arbeit, trotz den Veröffentlichungen, komplett ignoriert wird. Ein Grund könnte sein, dass das alte Medikament mit dem Namen DON nicht mehr patentierbar ist.

Quellen:

On the Origin of ATP Synthesis in Cancer, Thomas N. Seyfried et al., 2020, DOI: 10.1016/j.isci.2020.101761

Cancer as a metabolic disease: implications for novel therapeutics, Thomas Seyfried et al., 2014, DOI: 10.1093/carcin/bgt480



Über den Autor:


“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:

"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe. Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise." ”