Wenn Mitochondrien nicht mehr ganz dicht sind
In der News vom 3.2.2024 habe ich einen kurzen Überblick über die Entwicklungen der Mitochondriendiagnostik der letzten 20 Jahre gegeben. Heute möchte ich auf einen häufigen Befund in diesem Zusammenhang eingehen: Das Protonenleck.
Durchschnittlich wandelt ein gesunder Erwachsener pro Tag ca. 3000 Mal ADP zu ATP um. In Kilogramm entspricht dies in etwa 70 kg - so viel wie das eigene Körpergewicht. Das geht in diesem Umfang aber nur, wenn die Mitochondrien funktionieren.
Werden unsere Mitochondrien zerstört, oder sind sie in ihrer Funktion gestört, dann spüren wir das vor allem an den Organen, die eine hohe Mitochondriendichte aufweisen, wie das Gehirn und die Skelettmuskulatur.
Typische Symptome sind dann:
- Müdigkeit
- Fehlende Konzentration
- Gedächtnisstörungen
- Muskelschwäche
- Leistungsabfall
Letztendlich sind bei jeder chronischen neurologischen, kardialen, onkologischen oder metabolischen Erkrankung immer auch die Mitochondrien betroffen.
Wir können uns anhand von Labordiagnostik heutzutage in die kleinsten Unterabteilungen unserer Zellkraftwerken hinein-zoomen und ziemlich genau betrachten, wo der Fehler im System liegt.
Konnte man bislang nur feststellen, dass eine mitochondriale Dysfunktion vorlag, können wir nun genauer sagen, ob die Störung im Zitratzyklus bzw. Krebszyklus (nach seinem Entdecker Hans Krebs benannt), in den Atmungsketten oder in der Mitochondrienmembran liegt.
Störungen im Zitratzyklus und in den Atmungsketten lassen sich relativ einfach beheben. Oft liegt ein Mangel an Mikronährstoffen vor, wie Alpha-Liponsäure, Vitamin B1, Vitamin B2, Coenzym Q10, Kupfer, Eisen, Magnesium oder Mangan.
Mitochondrien besitzen zudem aus einer Doppelmembran (Relikte aus ihrer Zeit als Bakterien). Es besteht eine enge Interaktion zwischen den Atmungsketten und der inneren Mitochondrienmembran.
Der Elektronentransport in den Atmungsketten dient vor allem dazu, möglichst viele Protonen in den Zwischenmembranraum der Mitochondrien zu pumpen, damit am Schluss der Atmungskette ausreichende Mengen Protonen für die ATP-Synthese zur Verfügung stehen. So steht es in jedem Bio-Lehrbuch der Mittelstufe. So sollte es sein.
Leider ist es oft in der Realität so, dass die Protonen eben nicht alle in den Zwischenmembranraum gepumpt werden, sondern dass sie wieder zurück in die Matrix wandern. Die Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einem Protonenleck. Es ist in etwa so, als ob Sie eine Pumpe installieren, um ihren Keller leer zu pumpen, aber da die Pumpe Löcher hat, läuft das Wasser immer wieder in den Keller zurück.
Ein Protonenleck vermindert also die Effektivität der ATP-Erzeugung. Wenige Protonen, weniger ATP.
Mit zunehmendem Alter wird die innere Mitochondrienmembran oft brüchig, häufig bedingt durch hohe Mengen an freien Sauerstoffradikalen, die nicht mehr ausreichend „abgefangen“ werden können.
Ohne gesunde Membranen kann keine Kommunikation innerhalb und außerhalb von Zellen und auch kein Wachstum und keine regelrechte Zellteilung erfolgen. Daher müssen Membranen gehegt und gepflegt werden, vor allem sollten ausreichend Phospholipide vorhanden sein.
Zwar können Mitochondrien die notwendigen Phospholipide selbst herstellen, aber im Falle eines „Protonenlecks“ reicht die Eigensynthese nicht mehr aus, um das Leck zu stopfen. Hier müssen wir nachhelfen.
Mit der Nahrung nehmen wir täglich ca. 5 - 8 g Phospholipide zu uns. Insbesondere Eier, Leber und Innereien sind die Hauptlieferanten.
Essen Sie davon ausreichende Mengen, sind auch Ihre Zellmembranen gut versorgt, inklusive die inneren Mitochondrienmembranen. Andernfalls ist es ratsam, Phospholipide ergänzend zuzuführen.
Quellen:
Ames BN, Shigenaga MK, Hagen TM. Mitochondrial decay in aging. Biochim Biophys Acta. 1995 May 24;1271(1):165-70. doi: 10.1016/0925-4439(95)00024-x. PMID: 7599204.
Ardalan A, Smith MD, Jelokhani-Niaraki M. Uncoupling Proteins and Regulated Proton Leak in Mitochondria. Int J Mol Sci. 2022 Jan 28;23(3):1528. doi: 10.3390/ijms23031528. PMID: 35163451; PMCID: PMC8835771.
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.