Zu jung
Sehr sportlich, sehr schlank, sehr hübsch und in der deutschen Nationalmannschaft. Sitzt mir gegenüber, die junge Dame und beklagt Übertraining. Sie sei ausgelaugt. Sie würde sich gerne "mehr regenerieren". Und wüsste gerne wie das geht.
Ihr Fehler: Erst 18 Jahre alt.
Deshalb so hinderlich, weil das Rezept, die Lösung vor 20 Jahren hingeschrieben wurde. Also vor ihrer Zeit. Und weil das Rezept ganz offenbar auch heute noch vielen von ihnen helfen würde, darf ich es im Folgenden noch einmal abdrucken. Also los: Ein zwanzig Jahre alter Text:
Burn-out und Regeneration
Extremsportler, hochleistender Ausdauersportler ist fast jeder von Ihnen. Im Beruf. Im Alltag. Am Schreibtisch. Präzise formuliert: Sie arbeiten zu viel, auf möglichst hohem Niveau und Sie erholen sich zu wenig. Dem Körper ist es nämlich gleichgültig, ob Sie dies körperlich als Sportler tun oder geistig als Kopfarbeiter Schindluder treiben.
Resultat: Burn-out. Kennt ja der eine oder andere von Ihnen.
Nun haben wir präzise Vorstellungen davon, wie man das verhindert. Wie man es richtig macht. Gelernt haben wir das vom Extremsportler. Denn da kann man Erfolg oder Misserfolg sofort ablesen. An der Stoppuhr. Ein paar von den Tipps und Tricks anbei:
Im Hochleistungs- und Ultra-Ausdauersport sind die konventionellen Trainingsmöglichkeiten weitgehend ausgeschöpft, Kraft-, Cross-, und Techniktraining werden bereits erschöpfend genutzt. Ein deutlicher Leistungszuwachs kann offenbar nur noch durch ein spezifisches Stoffwechseltraining und durch konsequente Anwendung von mentalen Techniken erreicht werden. Das mentale Training setzt sich zusammen aus regenerativen Maßnahmen und verschiedenen Überlebensstrategien im Wettkampf.
Bei den Hochleistungs- und Ausdauersportlern nimmt die Regeneration einen immer größeren Stellenwert ein, denn mit der Dauer der Wettkämpfe wächst auch der notwendige Trainingsumfang. Für den Marathonlauf benötigt der Ausdauersportler drei Stunden, für den sehr populären 100-km Lauf schon sieben Stunden, für den Ultra-Triathlon zehn Stunden und für das Race Across America schließlich mehr als 200 Stunden.
Entleerte Speicher
Ein Großteil der Ausdauersportler ist übertrainiert. Dabei entnehmen sie während des exzessiven Trainings ihrem Körper mehr, als sie ihm über die Nahrung wieder zurückgeben können. Nämlich Aminosäuren, Mineralien und Vitamine. Darüber mehr anderen Ortes. Außerdem findet man bei den meisten neben entleerten Speichern eine hormonelle Dysbalance mit niedrigen Testosteron- und hohen Kortisol-Serumwerten.
Steigerung der körperlichen Regeneration durch mentales Training
Man kann diese hormonellen Dysbalancen mit externen Hormongaben korrigieren, besser ist es aber, dieses Ungleichgewicht ursächlich anzugehen. Dies gelingt, indem man Ausdauerathleten klar macht, dass es heute Möglichkeiten gibt, die körperliche Regeneration durch mentales Training um ein Vielfaches zu steigern und so wieder ins hormonelle Gleichgewicht zurückzukehren.
Sportlern braucht man heute immer weniger über Training zu erzählen. Sie wissen schon alles. Mit der Länge der Wettkämpfe wächst der Trainingsumfang. Das Problem ist dann aber nicht, diese Wettkämpfe wie Marathonlauf, 100-km Lauf oder Ultra-Triathlon zu überstehen. Viel problematischer ist es, das notwendige Training zu überleben.
Atemtechnik, Muskelentspannung, Tiefenentspannung, Autosuggestion
Zu den regenerativen Maßnahmen im Rahmen des mentalen Trainings gehören die Atemtechnik, die bewusste Muskelentspannung, die optimierte Tiefenentspannung und die Autosuggestion.
Viele Menschen, die ihren Hausarzt aufsuchen wegen Schlafstörungen, innerer Unruhe, Migräne, Herzstichen, Magenkrämpfen oder Muskelverspannungen haben das gleiche Leiden: sie atmen falsch. Wenn ein Stressor auf sie zukommt, dann atmen sie ein. Dies führt zu abfallenden Calciumspiegeln und damit zu einer verstärkten Überempfindlichkeit des Nervensystems.
Ausatmen und Schultern fallen lassen!
Empfohlen wird in Stresssituationen nicht ein- sondern ausatmen. Dann steigt der Calciumspiegel, und der Mensch wird innerlich ruhig und entspannt. Wenn möglich sollte der Sportler zur Stressabwehr versuchen, nicht 16-mal sondern nur 4-mal pro Minute zu atmen.
Nicht nur während des Trainings, sondern auch im Alltagsleben spannen wir ständig unbewusst unsere Muskulatur an, auch wenn wir "nur am Schreibtisch sitzen". Ein Muskel, der zu 50 % angespannt ist, wird aber weniger durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Daraus folgt die Empfehlung für den Alltag im Büro und für andere Stresssituationen im täglichen Leben: "Ausatmen und Schultern fallen lassen!" Nach längerer Übung kann dies zum Normalzustand werden. Das heißt dann, dass der Körper in jeder (trainingsfreien) Minute weitgehend entspannt ist.
One, two, three - one, two, three - one, two, three
Die dritte mentale Technik ist die optimierte Tiefenentspannung, die auch als Reflextiefschlaf bezeichnet wird. Es ist bekannt, dass wir uns von den 8 Stunden, die wir im Durchschnitt schlafen, nur vielleicht dreimal eine halbe Stunde wirklich im Tiefschlaf befinden. Nur in dieser kurzen Zeit ist es unserem Körper möglich, sich wirklich hundertprozentig zu entspannen.
Diese maximale körperliche Entspannung kann auch während des Tages bewusst herbeigeführt werden. Neben den typisch westlichen Techniken wie dem autogenen Training und der progressiven Muskelentspannung gibt es die östlichen Techniken, die nicht durch Direktheit, sondern durch ein "Danebendenken" charakterisiert sind. Für diese Technik wählt man sinnleere Begriffe wie zum Beispiel "one, two, three". Diese Begriffe werden dann endlos gemurmelt, und man stellt sie sich geschrieben vor. Auf diese Weise beschäftigt man sowohl seine Ohren als auch sein Augen. Mit einiger Übung gelingt es, sich immer länger zu konzentrieren.
Fehlendes Körpergefühl und ein Gefühl des Schwebens
Nach ungefähr 10 Minuten tritt dann der gewünschte Effekt ein: die Sensation des fehlenden Körpergefühls und ein Gefühl des Schwebens. Erst dann ist der Körper maximal entspannt, ein Zustand, der sich mit physikalischen Meßmethoden nachweisen lässt. Ein 20minütiger Reflextiefschlaf kann 2 Stunden Schlaf ersetzen. Mit Hilfe des Reflextiefschlafes ist es dem Ausdauerathleten möglich, ein Übertraining zu vermeiden, weil er nun auch in den trainingsintensiven Phasen zusätzliche optimale Regenerationspausen einlegen kann.
Es ist leicht - ich schaffe es!
Um sich zu entspannen, muss man aber nicht nur den Körper, sondern auch den Geist entspannen. Dies gelingt am besten durch das „Abstellen der Mühle“. Jeder Mensch führt ständig Selbstgespräche, debattiert mit sich selbst über Vergangenes und Bevorstehendes, ein Vorgang, der nur selten zu einer sinnvollen Lösung der Probleme führt. Da der Mensch immer nur einen Gedanken zur gleichen Zeit denken kann, ersetzt man tunlichst diese lästigen und kontraproduktiven Debatten durch einen anderen, möglichst positiven Gedanken. Auf diese Weise gelingt es, die Selbstgespräche abzustellen und gleichzeitig dem Unterbewusstsein positive Impulse zu geben. Einer dieser positiven Gedanken, die sowohl im Alltag als auch im Ausdauersport mit Erfolg angewendet werden können, ist der Satz "Es ist leicht, ich schaffe es!". Speziell für Schwimmer wird der Satz "Ich bin lang und dünn!", für Bergradfahrer "Ich bin klein und zäh!" und Läufer "Ich fliege wie eine Feder!" empfohlen.
Träume des Wettkampfes im meditativen Zustand
Neben der optimierten Regeneration gehören auch verschiedene Überlebensstrategien zum mentalen Trainingsprogramm. An erster Stelle steht hier die Visualisation ein „geträumtes Bildgespräch mit dem Unterbewusstsein, ein Träumen des Wettkampfes im meditativen Zustand“. Empfohlen wird Sportlern, sich ein Zielfoto des bevorstehenden Wettkampfes zu besorgen, auf dem der Sieger fröhlich, gelöst und glücklich die Ziellinie überschreitet. In diesen Sieger sollte der Athlet sich nun hineinträumen, an seiner Stelle die Ziellinie überschreiten. Er ist dann irgendwann einmal fest davon überzeugt, ins Ziel zu gelangen, weil er sich ja bereits im Ziel gesehen hat.
Die Angst, nicht ins Ziel zu kommen
Dies ist gerade im Ultra-Ausdauersport ein entscheidender Punkt. Denn Erfolg in diesen Disziplinen wird vor allem durch Angst verhindert, die Angst, nicht ins Ziel zu kommen. Durch eine positive Vision zwingt der Athlet seinen Körper, am Wettkampftag tatsächlich die Ziellinie zu überschreiten. Die zunehmende Zahl der Ausdauersportler, die diese Technik beherrschen, kann man daran erkennen, dass "diese Sportler nach 10, nach 20 und auch nach 30 Stunden Höchstleistung immer noch lächeln".
Dieses Prinzip der Zielvisualisation lässt sich auch auf das tägliche Leben übertragen. Wenn es gelingt, durch diese Technik sich selbst zu überzeugen, dass wir erst mit 80, 90, 100 Jahren sterben, dass wir dann noch immer erfolgreich und körperlich ganz fit sind, dann sehen wir die täglich auf uns einstürmenden, gesundheitlichen und finanziellen Sorgen mit anderen Augen. Denn das absolut sichere, innerlich verankerte Wissen um den Ausgang beeinflusst das Handeln und die Lebenseinstellung.